Dienstleister-Richtlinie nach §291b SGB V und §75b
Selbst der Gesetzgeber hat 2020 festgestellt, dass es spezialisierte Kräfte im Gesundheitswesen geben muss und hat eine Dienstleister-Richtlinie ins Leben gerufen. Dienstleister können sich auf deren Antrag hin als DVO im Gesundheitswesen von der KBV zertifizieren lassen.
Die Praxis muss keinen solchen zertifizierten Dienstleister beauftragen, aber wenn die Entscheidung für einen IT-Dienstleister noch nicht gefallen sein sollte oder ein Wechsel notwendig wird, dann lohnt sich ein Blick auf die derzeit zertifizierten Dienstleister nach §75b. Achtung: es kann sich kein Unternehmen zertifizieren lassen, sondern es sind immer nur Personen mit einer entsprechenden Auszeichnung, welche zeitlich begrenzt ist.
Darüber hinaus sind DVO nach §291b Absatz 6a mit der Herstellung und Wartung des Anschlusses der Praxis-IT an die Telematik-Infrastruktur, einschließlich der Wartung der benötigten dezentralen Komponenten und Prozesse befähigt. Weiterhin sollen sie Störungen der Systeme, Komponenten und Prozesse in den Praxen im Zusammenhang mit dem Anschluss an die TI beheben können und werden auf die besondere Sorgfaltspflicht in Bezug auf die Verfügbarkeit, Integrität, Authentizität und Vertraulichkeit hingewiesen.
Verdrängungswettbewerb läuft schon seit den 2.000er Jahren
Wir haben in den ambulanten Gesundheitseinrichtungen die Herausforderung, dass die IT-Industrie bzw. die PVS-Hersteller den kompletten IT-Support und -Dienstleistungen in den Praxen an sich binden wollen. Konsequenz ist ein Verdrängungswettbewerb, der die alternativen Dienstleister aus der Praxis verbannen soll. Das Primat der Gewinnmaximierung wird von einigen PVS-Herstellern schon seit den 2000er Jahren gepflegt.
Wie oft haben wir schon E-Mails oder Faxe von PVS-Herstellern gesichtet, die an die Niedergelassenen gerichtet waren. Hier wurden den Praxisinhaber:Innen angedroht, dass Lösungen anderer Dienstleister zum Verlust der Funktionsgarantie des betreffenden PVS führen könne und der PVS-Support dazu keine Hilfestellung leisten würde.
Zum Beispiel wurde angedroht, dass der Kauf „fremder Computer“ bei einem anderen Dienstleister als beim Softwarehaus des PVS-Herstellers zu einem inkompatiblen PVS-System führen kann und die Stabilität des Gesamtsystems verloren gehen könnte. Außerdem seien die Computer speziell für das PVS-System vorbereitet und sind aus diesem Grunde doppelt so teuer als es der Dienstleister vor Ort anbietet.
Die Wahrheit in einem Falle war, dass es sich beim PVS-Angebot um Standard-Tower-PCs der Marke Wortmann handelte und im Angebot besonders ausformuliert dargestellt wurde. Beim direkten Vergleich waren die Geräte in der Tat doppelt so teuer, als die Preisempfehlung des Herstellers.
Alles aus einer Hand?
Im Übrigen ist das Motto „alles aus einer Hand“ bei den Geschäftsmodellen der PVS-Hersteller nicht wirklich ein Vorteil für die Leistungserbringer. Zum einen gibt die Praxis Ihre digitale Selbstständigkeit auf. Je mehr Prozesse durch eine deutschlandweite PVS-Zentrale gesteuert werden, desto reduzierter ist der Einfluss und die Möglichkeiten auf der lokalen Ebene. Weiterhin ist die Praxis der Preis- & Produktpolitik des PVS-Hauses ausgeliefert.
Das Primat der Gewinnmaximierung steht manchmal über den Bedürfnissen der Kunden. Weiterhin wird eine Kündigung einer einzelnen Komponente wie z. B. einer gebuchten Firewall, immer schwieriger. Außerdem erschwert die Abhängigkeit den Wechsel zu einem anderen Praxisverwaltungssystem. Aber das gehört mit zur „Kundenbindung“ der IT-Industrie. Wir erkennen einen weiteren guten Grund warum die Praxis mehr auf Diversität setzen sollte: Aufgrund der Verkettung der Dienstleistungen und Geräte gibt es keine Kontrollinstanz mehr ob die Datenschutz- & Datensicherheitseinstellungen so eingestellt sind, wie es die Praxis benötigt.
D. h. eine selbstständige Kontrolle einer Firewall ist nicht möglich und ein lokaler IT-Dienstleister hat ebenfalls keinen Zugriff auf die Konfigurationsoberfläche des Gerätes. Somit fehlt hier das „4AP“ (Vier-Augen-Prinzip) um den Kontrollpflichten nachzukommen. So entstehen „Blackboxen“ die intransparent sind. Ein weiteres Kriterium ist der IT-Support durch einen PVS-Hersteller. Wir denken, dass viele Praxen die Erfahrung gemacht haben, dass die Hotlines der Hersteller immer dann ausgelastet sind, wenn man sie braucht. Stundenlanges Warten in einer telefonischen Warteschleife kennen bestimmt viele Niedergelassene.
Nach unserer Erfahrung ist ein lokaler Anbieter besser, bzw. zuverlässiger erreichbar und Sie kennen Ihre Ansprechpartner und sind nicht auf das wechselnde Personal beim PVS-Hersteller angewiesen. Das betrifft natürlich auch den Vor-Ort-Service: Ein lokaler Anbieter ist meistens schneller und kostengünstiger in der Praxis wenn es mal „brennt“, als ein zentral gesteuerter Service eines PVS-Herstellers.